Freitag, 18. August 2023

12. August 2023, Von Grönhögen (Öland) nach Hanö und ...


 Samstag, 12. August (Törntag 95)


Gestern, Freitag, hatte ich noch einmal eine Runde bei bestem Wetter nördlich des Hafens von Grönhögen gedreht. Dort dominiert ein großes Golfareal die Gegend. Ich hatte die Möglichkeit, mich, am Strand spazierend, um den Golfplatz herum zu bewegen. Landschaftlich sehr schön und geologisch ebenfalls, denn hier im Süden Ølands findet man am Strand überwiegend Mineralien und weniger Fossilien. Doch ich möchte in diesem Post niemanden mit Steinen langweilen. Daher fahren wir mit dem Samstag fort.


Einen Törn von rund 60 sm habe ich für heute geplant. Der am frühen Morgen noch auf Süd stehende Wind erreicht Grönhögen kaum und so ist von vornherein klar, dass ich zunächst einige Seemeilen nach Süden motoren muss, bis ich segelbaren Wind haben werde. Das Tagesziel ist die westlich gelegene Insel Hanö ...


Hanö ist gut 2 Quadratkilometer groß, hat 33 Einwohner (Stand: 2008) und ist unter anderem bekannt für seine wilde Natur, abwechselungsreiche Wanderwege und einen beachtlichen Wildbestand. Einige Male waren Katrin und ich bereits dort gewesen. Die kurze Südostwindlage läd geradezu dazu ein, heute Mal wieder auf Hanö vorbeizuschauen. Ich freue mich darauf.

Rechnen muss ich mit zehn Stunden Fahrzeit und so möchte ich plangemäß gegen 06:00 morgens los, um gegen 16:00 dort zu sein, obwohl ich mir dort wegen des Liegeplatzes eigentlich keine großen Gedanken mache, denn Hanö ist eher was für Naturfreunde und Individualisten; der Hafen bisher immer dementsprechend leer gewesen.

Um 05:57 starte ich den Motor. Das Ablegen ist mangels Wind keine große Sache und so stoße ich mich einfach mit dem Bootshaken vom Kai ab, das war's ...



Die Sonne geht gerade auf. Die Stimmung ist perfekt ...


Beim Verlassen der Hafenausfahrt ...

Blick zurück auf Grönhögen


Nach rund 4 sm und einer dreiviertel Stunde Fahrt, befinde ich mich bereits auf Höhe des südlichsten Punktes von Øland (Leuchtturm, oben), kann Richtung Festland abdrehen und volle Segel setzen. Mit 5 kn Fahrt und Kurs 225 Grad geht es nach Südwesten.



Gegen 09:00 bin ich dann in der Nähe der Festlandsküste des südlichen Kalmarsunds. Die Segler strömen buchstäblich aus den Häfen Richtung Süden. Es sind überwiegend deutsche Boote, die wohl über das Wochenende noch zurück nach Hause wollen ...

Der Himmel zieht sich zu dieser Zeit etwas zu. "Schlechtwetter" ist nicht zu erwarten.



Gegen 10:00 bin ich schon auf Höhe Sandhamn (siehe Karte ganz oben). Diese StenaLine-Fähre kommt vermutlich gerade aus Karlskrona und fährt Richtung Osten, während dieser schöne Schärenkreuzer (unten) Kurs auf Utklippan (siehe Karte) nimmt.


Hier und da ein wenig Segeltrimm. Ansonsten bleibt der Törn eher unspektakulär.


Zwischendurch läuft mangels ausreichendem Wind immer wieder mal der Motor. Gegen halbvier Uhr Nachmittags befinde ich mich dann auf der Nordostseite von Hanö, wo ich, warum auch immer, diese Gegenlichtaufnahme von der Insel mache. Natürlich in der Annahme, mindestens morgen noch bei einer Inselrunde gutes Fotomaterial zu knipsen. Ich sollte mich irren.

Eine viertel Stunde später komme ich die nordwestliche Hafenzufahrt entlang und traue meinen Augen nicht. Segelmasten soweit das Auge reicht. Dennoch fahre ich in einem Anfall von Optimismus in den Hafen, doch der erste Eindruck bestätigt sich: Hier findet heute niemand mehr einen Liegeplatz. Die Boote liege bereits im Päckchen und zwischen den Stegen gibt es kaum noch Platz für die Durchfahrt. Ich breche meine Suche ab, wende und verlasse den Hafen.

Lange überlegen muss ich nicht. Es ist ungewiss, wo ich in dieser Region noch einen Liegeplatz bekommen könnte und wenn, dann ist dieser immer wenigstens zwei Fahrstunden entfernt. So könnte ich auch wieder 12 sm weiter nördlich nach Tjärö zum Ankern fahren, doch dass liegt genau entgegengesetzt zu meinem Ziel für die nächsten Tage.

So fällt kurz entschieden der Entschluss: Ich fahre heute nach Hause!

Es ist noch nicht einmal 17:00, da sind die Segel wieder gesetzt, Kurs 180°, direkt nach Süden Richtung Heimat. In Kürze werde ich mir noch den aktuellen Seewetterbericht ziehen, denn ich bin nahe genug am Festland, um eine passable Internetanbindung zu haben. Das mich kein allzu arges Wetter erwartet, weiß ich. Es gilt jedoch herauszufinden, wann der Wind in den kommenden Stunden drehen wird, um eine passende Route auszuarbeiten und die ist lang.

13 Stunden und gut 60 sm bin ich bereits seit heute früh unterwegs. Noch weitere rund 130 sm (240 km) habe ich vor mir und damit eine geschätzte Fahrzeit von noch 22 Stunden. Irgendetwas in mir beflügelt mich allerdings auch und ich sage mir: Das ziehe ich jetzt durch! Ich habe sogar richtig Lust darauf.


Es wird Abend. Der Wind bleibt noch beständig, dreht aber immer weiter über Süd auf West ab etwa ein Uhr nachts. Ich muss also zusehen, dass ich bis dahin möglichst schon in der Nähe von Ystad bin. Daher noch einmal die Karte von ganz oben mit meiner ungefähren Route bis 03:00 früh...


Glücklicher Weise dreht der Wind erst etwas später als prognostiziert, und so komme ich noch einigermaßen unter Segeln um das Kap zwischen Simrishamn und Ystad, wo ich dann allerdings mehrfach aufkreuzen muss, um "vorschriftsgemäß" dem zu dieser Zeit stark befahrenen  Verkehrstrennungsgebiet  aus dem Wege zu gehen.


Doch auch hier zeigt sich der Wind gnädig, und gerade, als es darauf ankommt die Kurslinien mehrere leicht versetzt fahrender Frachter in Abständen von nur 0,6 bis 0,8 sm zu kreuzen, bleibt er stabil und legt leicht zu, so dass ich mit knapp unter 8 kn Fahrt durch die Ostsee pflüge und tatsächlich genau in die sich bietenden Lücken passe.  Weil wir leichten Seenebel haben, sehe ich einige dieser Frachtschiffe dann tatsächlich nur auf dem Plotter, zumal die Nacht, trotz des sich zeitweise zeigenden Sternhimmels schwarz ist. So schwarz, dass man am Horizont den Übergang zwischen Himmel und Meer nicht erkennen kann. Es ist absolut dunkel und nur manchmal kann man in der Ferne die Lichter einer der hell beleuchteten Fähren erahnen.

Eine dieser Fähren funkt mich dann noch an, um sich bezüglich meiner für die nächsten Minuten geplanten Fahrtroute zu vergewissern. Es bleibt nicht der einzige Funkkontakt.


Nach rund fünfeinhalb Stunden Dunkelheit, dämmert dann gegen 4:30 der Morgen.


Nordöstlich von Rügen treffe ich dann auf mehrere Felder mit Windenergieanlagen. Das dort aber für den weiteren Ausbau schon wieder die Bauarbeiten laufen, muss ich meinen geplanten Weg aufgeben und mich neuorientieren. Das passt dann den immer vor Ort befindlichen Beobachtern nicht, weswegen ich dann insgesamt vier Mal Funkkontakt habe, bis ich endlich durch das Gebiet gelotst bin, während ich dann auch noch von Segel auf Motor und wieder zurück wechseln muss.

Gegen 08:30 kreuze ich dann noch den Kurs dieses Schleppers, der gerade ein Teil eines Windrades zu seinem Montageort zieht.

Kurz darauf habe ich die Nordostküste Rügens in Sicht. In Sicht bedeutet auf dem Meer, dass es dann gerne noch zwei, drei Stunden dauert, bis man tatsächlich dort ist.


Hier fahre ich dann gegen 13:30 aus der freien Ostsee kommend Richtung Greifswalder Bodden, wo mir mehrere Frachtschiffe entgegen kommen. Teils Schüttgutfrachter, teils LNG-Gastanker.


Die letzten Seemeilen ziehen sich, zumal ich inzwischen weit über 30 Stunden wach bin. Doch irgendwann ist auch der letzte Frachter durch die enge Fahrrinne im Südosten Rügens hindurch und ich habe wieder freie Fahrt in den Greifswalder Bodden. Noch etwa vier Stunden bis in den Heimathafen!


Gegen 16:30, ich bin gerade westlich der Fährlinie Stahlbrode - Glewitz, kommt mir eine Segelyacht entgegen, und die kenne ich ...


Es sind Kenneth & Ira, die mich hier tatsächlich abholen, um mich die restlichen 3 sm "nach Hause" zu begleiten. Die Freude ist riesig und so vergeht die letzte halbe Stunde wie im Flug.



Kaum in Neuhof angelegt, stehen die Beiden schon mit Prosecco am Schwimmsteg ...


während ich mich erst einmal ein wenig sammeln muss. Ich bin nach 96 Törntagen tatsächlich wieder im Heimathafen. Seit gestern früh, habe ich insgesamt 223 sm (knapp 413 km) ins Kielwasser gebracht und war dafür gut 35 Stunden unterwegs. Die Müdigkeit ist zunächst verflogen.


Ein paar Minuten später steht schon warmes Essen auf dem Tisch, während ich mit Kenneth schon beim Anlegebier angekommen bin.


Was für eine Begrüßung!  Einen ganz lieben Dank an Ira & Kenneth.



Wie immer am Schluss, gibt es noch den Track des letzten Törntages. Hier, von Grönhögen auf Öland, über Hanö, nach Neuhof, südlich Rügen.


Die NavigationsApp auf dem Tablet gibt "nur" eine Gesamtdistanz von 205,8 sm an. Das sind genau 14 sm weniger als oben genannt. Die Differenz von 14 sm kommt durch die Gegenströmung zustande, da ich ja überwiegend auf Amwindkursen, also gegen den Wind von vorne, unterwegs war. Daher 205,8 sm nach GPS "über Grund" und 222,8 sm nach der  Logge "durch das Wasser".

In den nächsten Wochen folgt dann nur noch ein ein Post mit der statistischen Zusammenfassung dieser Reise. Weiter mit dem Segeln geht es erst wieder in 2024.

Bleibt mir gewogen und weiterhin neugierig.


Euer Harry



Donnerstag, 10. August 2023

10. August 2023, Von Kalmar nach Grönhögen (Öland)

 Donnerstag, 10. August


Lange vor dem Klingeln des Weckers, stehe ich um 05:15 auf. Ich fühle mich ausgeruht, ich möchte früh los, aber den Törnmorgen mal ganz in Ruhe angehen. Also raus aus den Federn. Bei einem Kaffee schaue ich mir den Wetterbericht an und trage die Wetterdaten für mein heutiges Fahrgebiet gleich in das Logbuch ein. Die restlichen Logbuchdaten hatte ich gestern schon vorgeschrieben. Auch eine Checkliste für alle Startvorbereitungen liegt wieder auf dem Salontisch. Das gute daran: Die meisten Punkte dieser Liste sind in wenigen Sekunden erledigt, werden aber gerade deswegen gerne von mir vergessen. Das Erfolgsgefühl beim Abarbeiten ist entsprechend groß und nach nicht mal einer Viertel Stunde ist auch das erledigt, während ich nebenbei noch ein Kuckenteilchen zum Kaffee gemümmelt habe.

Ein erster Blick aus dem Niedergang in den Hafen ....


Ja, so hatten die Wetterprognosen den Tag beschrieben. 06:10 - es fängt an zu nieseln und ich nehme noch schnell die Persenning vom Steuerstand, bevor sie richtig nass ist.



Motorstart um 06:50. Der Wind hat noch immer 11 kn (4 Bft) und bläst aus WSW, also von schräg vorne links. Dennoch ist das Ablegen kein Problem und ich komme ohne Schwierigkeiten rückwärts aus der recht schmalen Lücke. Noch kurz klarschiff machen und dann geht es auch schon los Richtung Vorhafen.


Bekannte Bilder ...

Das Landesmuseum

Mit mir zusammen macht sich dieses schwedische Boot auf den Weg nach Süden ...



Die Ölandsbron


Kalmar Slott

Meine Segel setze ich nach gut anderthalb Seemeilen Motorfahrt direkt vor dem Schloß Kalmar. Ich habe allerdings Mühe, das Boot unter Segeln richtig zum laufen zu bringen, denn der Wind ist Böig und mir kommt bereits hier eine Welle von geschätzt 0,7 m entgegen. Wegen der Böen, die laut SeeWetterbericht bis 22 kn haben sollen, lasse ich die Segelfläche relativ klein. Das verträgt sich aber nicht mit der entgegenkommenden See und so bastele ich bestimmt 15 Minuten am Segltrimm samt passender Segelfläche, bis ich zufrieden bin und im Schnitt so um die 6 kn Fahrt mache.


Der Himmel ist überwiegend grau. Manchmal kommt ein wenig Blau zu Vorschein, dann regnet es wieder kurz, während der Wind dann doch eher recht beständig mit 11 kn - 15 kn (4 bft) bläst.

Mein Tagesziel, dem Hafen Grönhögen im südlichen Kalmarsund, kann ich aufgrund der Windrichtung nicht direkt anfahren und muss daher aufkreuzen, während der Wind im Laufe des Vormittags von WSW auf SSW immer südlicher und damit ungünstiger für mich, dreht. Auch deswegen ist es gut, dass ich so früh abgelegt habe.



Inzwischen verfolgt mich eine ganze Armada von Segelbooten. Gut, das ich so früh losgesegelt bin. Der Maßstab täuscht natürlich. Die beiden Segelboote, die am dichtesten hinter mir sind, haben immer noch gut 2 sm, rund 4 km, Abstand zu mir.


Schon bei der Anfahrt des Hafens konnte man aus größerer Entfernung erahnen, dass hier nur wenige Boote liegen. Beim Anlegen bläst mich der Wind gerade mit 19 kn (5 Bft) vom Kai weg. Ich bin froh, dass gerade zwei Segler dort stehen, und mir zur Hand gehen. Dennoch habe wir für ein paar Minuten ganz gut zu kämpfen, um Ari gegen den Wind an den Kai zu ziehen.



Am Ende läuft aber dennoch alles perfekt und ich liege gut vertäut in Grönhögen. Der Hafen ist übrigens gut gebaut, denn der Südwestwind treibt eine See von gut einem Meter direkt auf den Hafen zu. Durch die verwinkelte Hafeneinfahrt und einige Wellenbrecher innerhalb des Hafens, kommt an unseren Liegeplätzen kaum Schwell an.

Um 12:30 heißt es dann "Maschine aus". Ich bastle dann aber bestimmt noch eine halbe Stunde an den Leinen, denn der Wind zerrt immer noch ordentlich an den Booten.

Kaum fertig kommt auch schon ein roter, alter Volvo auf den Kai gefahren. Sofort erkenne ich ihn wieder. Es ist Peter, der hiesige Hafenmeister. Wie auch in 2019 schüttelt er mir die Hand, zückt seinen Quittungsblock, und schon sind 250 SEK abgerechnet - ein fairer Preis.


Nur 5 Segelyachten liegen derzeit in Grönhögen ...

Ich brauche jetzt etwas Bewegung und mache mich mit dem Fotoapparat auf den Weg. Ein paar Eindrücke von Grönhögen auf Öland ...


Der Hafen verfügt über eine Station der Seenotretter.






Eine Wegwarte

Kunst am Strand





Der Track des heutigen Törns über 32,4 sm "durch das Wasser" (29,6 sm nach GPS) und einer Dauer von 5:40 inklusive Ab-, Anlegen und klarschiff machen.



Die zittrige Tracklinie entstand durch die recht hohe See vor dem Hafen Grönhögen, während ich Ari mit Leinen und Fendern für das Anlegen vorbereitete.


Ob es morgen schon weitergeht oder ich noch einen Tag auf Öland habe, entscheidet mal wieder das Wetter. Es ist jetzt gerade kurz vor 23:00 und ich schaue gleich mal in den Seewetterbericht.

Bleibt mir gewogen und weiterhin neugierig.

Euer Harry